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Wegfall der Steuerbefreiung nach Erbfall ohne zwingende Gründe für Aufgabe der Selbstnutzung

Erbrecht

Vererbt der Erblasser sein Gebäude, welches er vorher bis zu seinem Tod selbst genutzt hat, können die Erben i. d. R. von einer Steuerbefreiung Gebrauch machen. Erbt der verbliebene Ehegatte das Gebäude und nutzt dieses noch mindestens 10 Jahre zu eigenen Wohnzwecken, so wird auf den Erwerb keine Erbschaftsteuer erhoben. Erben dagegen die Kinder das Gebäude, entsteht nur dann keine Erbschaftsteuer, wenn das Gebäude für mindestens 10 Jahre von den Erben genutzt wird und die Wohnfläche zudem nicht mehr als 200 m² beträgt. Sollte es sich bei den Erben nicht um den Ehegatten oder die Kinder handeln, so greift diese Steuerbefreiung nicht und der Erwerb unterliegt der Besteuerung.

Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf entschied am 8.1.2020 über den rückwirkenden Wegfall dieser Steuerbefreiung. Eine Tochter erhielt von ihrem verstorbenen Vater das selbstgenutzte bebaute Grundstück und bewohnte dieses für einige Jahre. Die Mindestdauer von 10 Jahren wurde dabei jedoch unterschritten. Das Haus wurde nach ihrem Auszug abgerissen. Daraufhin wurde die bisher berücksichtigte Steuerbefreiung rückwirkend aberkannt. Dagegen wehrte sich die Steuerpflichtige. Der Abriss war wirtschaftlich notwendig, eine umfangreiche Renovierung hätte sich nicht gelohnt. Zudem war es ihr aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich die Treppe ins Obergeschoss zu nutzen, welches sie ausschließlich bewohnt hat.

Das FG sah es zwar als verständlich an, dass die Selbstnutzung durch die vorliegenden Mängel des Gebäudes aufgegeben werden musste, ein zwingender Grund für die Aufgabe der Selbstnutzung ist es aber nicht. Auch der gesundheitliche Zustand ist kein zwingender Grund, da die Nutzung für die Steuerpflichtige bis zu dem Auszug trotzdem möglich war – so die Auffassung des FG.

Anmerkung: Das Urteil ist bislang jedoch noch nicht rechtskräftig, da ein Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof anhängig ist.
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Keine Entziehung des Pflichtteils

Erbrecht

Wer gesetzlicher Erbe ist – also zum Beispiel die Kinder des Erblassers -, aber vom Erblasser enterbt wird, kann grundsätzlich immer noch den sogenannten Pflichtteil beanspruchen. Der Pflichtteil ist halb so groß wie der gesetzliche Erbteil. Wenn der Erblasser also nur ein Kind hinterlässt, das nach der gesetzlichen Erbfolge Alleinerbe wäre, kann es im Falle der Enterbung immer noch die Hälfte des Erbes beanspruchen.

Dieser Grundsatz gilt aber nicht uneingeschränkt. Nach dem Gesetz kann der Pflichtteil entzogen werden, wenn der potenzielle Erbe sich einer schweren Straftat gegen den Erblasser oder eine diesem nahestehende Person schuldig macht – ohne dass eine mehrjährige Freiheitsstrafe verhängt werden muss – oder wenn er seine Unterhaltspflichten gegenüber dem Erblasser böswillig verletzt.
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Recht auf Akteneinsicht bei Testament des Ex-Ehegatten

Erbrecht

In der Regel errichten Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament. Jetzt hatten die Richter des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein (OLG) zu klären, ob ein geschiedener Ehegatte einen Anspruch auf die Einsicht in ein neues Testament hat, welches der Ex-Ehegatte mit dem neuen Ehepartner verfasste.

Sie bejahten das berechtigte Interesse des Ex-Ehegatten, da es sich aus der Erbenstellung aufgrund des gemeinschaftlichen ersten Testaments ergibt. Dieses Testament könnte mit der Scheidung zwar unwirksam geworden sein. Zwingend ist dies aber nicht. Das Akteneinsichtsgesuch des ersten Ehegatten dient dazu, sich Klarheit über Inhalt und Wirksamkeit des Testaments zu verschaffen, um so Klarheit darüber zu gewinnen, ob z. B. ein Erbscheinantrag gestellt werden soll.
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Änderungen eines Testaments bedürfen immer der Unterschrift

Erbrecht

Änderungen eines Testaments können grundsätzlich auch auf der Kopie des eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testaments vorgenommen werden. Voraussetzung ist dabei allerdings, dass auch die Änderungen mit einer Unterschrift des Erblassers versehen sind.

Eine Erblasserin verfasste handschriftlich ein Testament. Das Original wurde in einem Bankschließfach deponiert und Kopien verwahrte sie in ihrer Wohnung. Auf einer der Kopien nahm die Erblasserin zwei handschriftliche Ergänzungen bzw. Streichungen vor. Die erste Änderung versah sie mit Datum und Unterschrift, bei der zweiten Änderung hingegen fehlte eine Unterschrift. Nach dem Tod der Erblasserin berief sich einer der beiden Söhne darauf, entsprechend der beiden vorgenommenen Änderungen Alleinerbe geworden zu sein und beantragte die Erteilung eines Alleinerbscheins.

Die Richter sahen in der zweiten Änderung keine gültige Testamentsänderung, sodass die Erteilung des Alleinerbscheins abgelehnt wurde. Nachdem die Erblasserin ihre erste Änderung unterzeichnet hatte, ihre zweite Änderung jedoch nicht, konnte nicht ausgeschlossen werden, dass es sich lediglich um einen Entwurf handelte, führten die Richter in ihrer Begründung aus.
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Begriff „Abkömmlinge“ im Testament

Erbrecht

Wenn Ehegatten ein gemeinsames Testament verfassen, bedenken sie sich i. d. R. zunächst einmal gegenseitig. Nach dem Tod des Letztversterbenden sollen dann häufig die Kinder erben, manchmal auch die Enkel – oder eine ganz andere Person oder Einrichtung.

Dies alles kann man in einem Testament festlegen. Tut man es nicht, so gilt die gesetzliche Erbfolge, also die Rechtslage nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Wenn man aber ein Testament verfasst, sollte es eindeutig sein. Denn nach der Praxiserfahrung gibt es mit der Auslegung von Testamenten immer wieder Schwierigkeiten. So z. B. bei dem häufig gebrauchten Begriff "Abkömmlinge".

In einem vom Oberlandesgericht Oldenburg am 11.9.2019 entschiedenen Fall hatten sich die Eheleute in einem notariellen Testament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Erben des Letztversterbenden sollten "unsere gemeinschaftlichen Abkömmlinge zu gleichen Anteilen" sein. Der Überlebende sollte allerdings auch die Erbfolge "unter den gemeinschaftlichen Abkömmlingen abändern" können. Tatsächlich setzte die ihren Ehemann überlebende Ehefrau in einem zweiten Testament ihre eine Tochter und deren Sohn zu ihren Erben ein. Die andere Tochter hielt dies für nicht möglich. Denn die Eheleute hätten verfügt, nur die "gemeinschaftlichen Abkömmlinge" könnten als Erben eingesetzt werden. Unter "gemeinschaftliche Abkömmlinge" seien aber nur die gemeinsamen Kinder zu verstehen. Eine Erbeinsetzung des Enkelsohns sei daher nicht möglich und unwirksam. Erben seien – nach dem ersten, gemeinsamen Testament – daher weiterhin alle Kinder der Eheleute.

Das Wort "Abkömmlinge" ist nicht allein auf Kinder beschränkt. "Abkömmlinge" heißt auch Enkel, Urenkel usw. Wären nur die Kinder gemeint gewesen, hätten die Eheleute auch den Begriff "Kinder" gewählt. Es ist auch plausibel, dass die Eheleute alle ihre zum Zeitpunkt des Erbfalls lebenden Abkömmlinge – ob Kinder, Enkel oder Urenkel – gleichbehandeln wollten. Die Erbeinsetzung des Sohnes bzw. Enkels war somit gültig.
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Schenkungen nach Erbeinsetzung im gemeinschaftlichen Ehegattentestament

Erbrecht

Ehegatten bestimmen in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament ihr gemeinsames Kind zum Schlusserben des Längstlebenden. Nach dem Tode eines Ehegatten verschenkt der Überlebende einen Großteil des Vermögens an einen Dritten und vermindert so das Erbe. Kann das erbende Kind von dem Dritten die Geschenke nach dem Tode des überlebenden Elternteils herausverlangen?

Das Oberlandesgericht Hamm (OLG) hat die Frage in dem von ihm zu beurteilenden Fall wie folgt entschieden: Beeinträchtigt der überlebende Ehegatte die Erberwartung eines in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament verbindlich eingesetzten Schlusserben durch Schenkungen an einen Dritten, kann der Dritte nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Ehegatten zur Herausgabe an den Schlusserben verpflichtet sein, wenn der Erblasser kein anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse an der Zuwendung hatte.

Im entschiedenen Fall war der Sohn Erbe seines verstorbenen Vaters. Dieser und die verstorbene Mutter hatten ihn in einem gemeinschaftlichen Testament zum Schlusserben des längstlebenden Ehegatten eingesetzt. Nach dem Tode der Mutter lernte der Vater eine Frau kennen, mit der er in einem Haushalt zusammenlebte. Auf Wunsch des Vaters vereinbarte der Sohn mit der Frau ein lebenslanges Wohnrecht an einer im Eigentum des Sohnes stehenden Wohnung unter der Bedingung, dass die Frau den Vater bis zum Tode oder bis zu einer Heimaufnahme pflege und in Bezug auf das von ihr und dem Vater bewohnte Haus keine Besitzansprüche stelle. In der Folgezeit übertrug der Vater der Frau verschiedene Vermögensgegenstände (u. a. Fondsbeteiligungen, Schuldverschreibungen Genussrechte, Lebensversicherungen) im Wert von ca. 222.000 €. Durch Barabhebungen erlangte die Frau weitere 50.000 € aus dem Vermögen des Erblassers.

Das OLG Hamm hat die Frau zur Übertragung der ihr zugewandten Vermögenswerte und zur Rückzahlung der von ihr erlangten Gelder verurteilt. Diese Schenkungen haben die Erberwartung des Sohnes beeinträchtigt und sind nicht durch ein – eine Benachteiligungsabsicht ausschließendes – anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse des Vaters veranlasst gewesen.
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