In 2 Urteilen hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 29.6.2021 klargestellt, dass Banken ihre Zinssätze für Dispokredite in der Werbung und im Preisverzeichnis deutlich hervorheben müssen. Gelten differenzierte Zinssätze für verschiedene Kundengruppen darf die Angabe nicht mit „Aktuell bis zu 10,90 % p.a. Zinsen“ erfolgen. Nach den gesetzlichen Regelungen ist der Sollzinssatz, der für die Überziehungsmöglichkeit berechnet wird, klar, eindeutig und in auffallender Weise anzugeben.
So hoben sich in beiden Fällen die Angaben zu den Dispozinssätzen nicht von den übrigen Angaben im Preisverzeichnis und im Preisaushang ab. In einen Fall gab die Bank auf ihrer Internetseite den Zinssatz für Dispokredite für Nutzer eines AktivKontos mit „bis zu 10,90 % p.a.“ an und führte in Klammern gesetzt auf, dass sich der Zinssatz nach Dauer und Umfang der Kundenbeziehung richtet. Damit war die Höhe des Zinssatzes bei Kontoüberziehung für den Bankkunden nicht klar erkennbar. Aus dem online abrufbaren Preisaushang ging eine Zinsspanne von 7,90 bis 10,90 Prozent hervor. Die Angabe erfolgte allerdings nicht in auffallender Weise.
Dispozinssätze müssen deutlich gegenüber den anderen Angaben zum Girokonto hervorgehoben sein, betonten die BGH-Richter. Nur dann werden Kunden in auffallender Weise über die Kosten der Kontoüberziehung informiert, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist.
Aktuelles
Kündigung eines Prämiensparvertrages nach Erreichen derhöchsten Prämienstufe
Wirtschaftsrecht
In einem vom Oberlandesgericht Celle (OLG) am 3.6.2020 entschiedenen Fall hatte ein Bankkunde mit einer Sparkasse im Jahr 1994 einen sog. Prämiensparvertrag abgeschlossen. Die monatlichen Raten betrugen ab dem 15.3.1995 200 DM und später 102,26 €. Das Guthaben sollte von der Sparkasse mit „dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. 3 %,“ verzinst werden. Ferner verpflichtete sich die Sparkasse in dem Vertrag, ab dem 3. Sparjahr eine Prämie von 3 % zu zahlen, die sich jährlich erhöhen und ab dem 15. Sparjahr 50 % betragen sollte. Anfang 2020 kündigte die Bank den Vertrag zum 30.4.2020. Der Sparer sah diese Kündigung als unwirksam an.
Die Richter des OLG entschieden dazu: Bei einem Prämiensparvertrag, bei dem die Prämien auf die Sparbeiträge stufenweise bis zu einem bestimmten Sparjahr steigen, ist eine ordentliche Kündigung nach Erreichen der höchsten Prämienstufe möglich.
Ein sachgerechter Grund für die Kündigung kann insbesondere in einem veränderten Zinsumfeld zu sehen sein. Die seit dem Erreichen der maximalen Sparprämie verstrichene Zeit (hier: ca. 10 Jahre) rechtfertigt für sich genommen weder die Annahme einer Verwirkung noch eines Rechtsmissbrauchs.
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Die Richter des OLG entschieden dazu: Bei einem Prämiensparvertrag, bei dem die Prämien auf die Sparbeiträge stufenweise bis zu einem bestimmten Sparjahr steigen, ist eine ordentliche Kündigung nach Erreichen der höchsten Prämienstufe möglich.
Ein sachgerechter Grund für die Kündigung kann insbesondere in einem veränderten Zinsumfeld zu sehen sein. Die seit dem Erreichen der maximalen Sparprämie verstrichene Zeit (hier: ca. 10 Jahre) rechtfertigt für sich genommen weder die Annahme einer Verwirkung noch eines Rechtsmissbrauchs.
Insolvenzantragspflicht vorübergehend ausgesetzt
Wirtschaftsrecht
Die Hochwasserkatastrophe hat in den betroffenen Regionen auch zahlreiche Betriebe und Unternehmen schwer getroffen. Mit der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sollen Betroffene mehr Zeit bekommen, ihre finanziellen Verhältnisse zu klären. Eine mögliche Insolvenz kann durch öffentliche Hilfen, Entschädigungsleistungen, Versicherungsleistungen, Zins- und Tilgungsmoratorien oder auf andere Weise abgewendet werden. Die Aussetzung der Antragspflicht soll rückwirkend ab dem 10.7. bis zum 31.10.2021 gelten.
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Neuregelung der Insolvenzsicherung bei Pauschalreisen
Wirtschaftsrecht
Am 25.6.2021 hat der Bundesrat dem vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Entwurf eines Gesetzes über die Insolvenzsicherung durch Reisesicherungsfonds und zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften zugestimmt. Hier ein kurzer Überblick:
Das Gesetz ist zum 1.7.2021 in Kraft getreten. Nach einer Übergangsphase soll die Neuregelung für ab 1.11.2021 erfolgende Reisebuchungen verpflichtend sein.
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- Insolvenzsicherung über einen Reisesicherungsfonds: Die Insolvenzsicherung bei Pauschalreisen soll künftig über einen Reisesicherungsfonds erfolgen. Lediglich für kleine Unternehmen mit einem jährlichen Pauschalreiseumsatz von weniger als 10 Mio. € bleibt eine Absicherung außerhalb des Fonds, beispielsweise mittels einer Versicherung oder Bürgschaft, zulässig.
- Fondsvermögen: Das Fondsvermögen muss künftig die Insolvenz des umsatzstärksten Reiseanbieters sowie eines weiteren Reiseanbieters mittlerer Umsatzgröße abdecken. Es müssen jedoch immer mind. 15 % des Gesamtmarktes abgedeckt sein.
- Sicherheitsleistung: Der Reisesicherungsfonds kann als Voraussetzung für den Abschluss eines Absicherungsvertrags verlangen, dass der Reiseanbieter eine individuelle Sicherheitsleistung stellt. Diese kann in Form einer Versicherung oder Bankgarantie (jeweils zugunsten des Fonds) beigebracht werden.
- Aufsicht und Governance: Die Aufsicht über den Reisesicherungsfonds wird zunächst das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz übernehmen.
- Streichung der Haftungsbegrenzung: Die bisherige Möglichkeit der Kundengeldabsicherer, ihre Haftung auf 110 Mio. € zu begrenzen, wird gestrichen. Der Reisesicherungsfonds haftet für Insolvenzschäden der bei ihm abgesicherten Reiseanbieter mit dem gesamten Fondsvermögen. Auch Versicherer und Kreditinstitute, die als Absicherer tätig werden, haften grundsätzlich unbegrenzt. Sie dürfen ihre Einstandspflicht nur bei Kleinstunternehmen mit absicherungspflichtigen Umsätzen von weniger als 3 Mio. € begrenzen, und zwar auf 1 Mio. € für jeden Insolvenzfall.
Das Gesetz ist zum 1.7.2021 in Kraft getreten. Nach einer Übergangsphase soll die Neuregelung für ab 1.11.2021 erfolgende Reisebuchungen verpflichtend sein.
Neue Gewährleistungsrechte und neue Rechte beim Kauf digitaler Produkte
Wirtschaftsrecht
Die Nutzung digitaler Produkte wie Software, Apps und Streamingdienste ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Mit einem neuen Gesetz erhalten die Verbraucher nun umfassende Gewährleistungsrechte. Auch eine Update-Pflicht für die Unternehmen wird eingeführt. Das Gesetz gilt ab dem 1.1.2022. Hier einige Kernpunkte:
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- Verbraucher erhalten umfassende Gewährleistungsrechte für digitale Inhalte (z. B. Musik- und Videodateien, E-Books, Apps, Spiele und sonstige Software) und digitale Dienstleistungen (z. B. soziale Netzwerke, Cloud-Anwendungen und Cloud-Speicherdienste). Die Regelungen gelten auch z. B. für Musik-CDs, DVDs usw. Ferner erhalten sie unabhängig von der Vertragsart Gewährleistungsrechte, wie bei Kauf-, Werk- oder Mietverträgen (z. B. das Recht zur Nacherfüllung, zur Minderung und zur Vertragsbeendigung). Als Gewährleistungsfrist ist eine Mindestfrist von 2 Jahren vorgesehen.
- Diese Gewährleistungsrechte stehen Verbrauchern künftig auch bei solchen Verträgen zu, bei denen sie anstatt einer Zahlung personenbezogene Daten zur Verfügung stellen („Bezahlen mit Daten“).
- Das Gewährleistungsrecht wird generell erweitert, indem die gesetzliche Vermutung, dass ein Mangel der Kaufsache bereits beim Kauf vorlag, nicht nur – wie bisher – 6 Monate, sondern ein ganzes Jahr gilt.
- Anbietern von digitalen Produkten wird eine Update-Verpflichtung auferlegt. Der Unternehmer schuldet auch die Bereitstellung von funktionserhaltenden Updates und Sicherheits-Updates. Bei fortlaufenden Vertragsbeziehungen gilt diese Verpflichtung über die gesamte Vertragsdauer. Bei einmalig zu erfüllenden Verträgen wie Kaufverträgen gilt sie für einen Zeitraum, den ein Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann.
- Bei Rückgabe einer Kaufsache wegen eines Mangels genügt es künftig, dass der Verbraucher den Nachweis erbringt, dass er die Kaufsache zurückgesandt hat. Dieser kann durch Vorlage eines Einlieferungsbelegs der Post oder eines anderen Transportunternehmens erfolgen. Außerdem hat in einem solchen Fall stets der Verkäufer die Kosten für die Rücksendung der Ware zu tragen.
Kündigung von Online-Verträgen auch per Brief
Wirtschaftsrecht
Nach einem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 29.4.2021 dürfen Unternehmen ihren Kunden nicht vorschreiben, dass sie bei Online-Verträgen ausschließlich auf elektronischem Weg kommunizieren dürfen. Es ist unzulässig, eine Kündigung oder einen Widerruf des Vertrags per Brief auszuschließen. Auch eine Entgeltklausel für die Nutzung des Postweges ist demnach unwirksam.
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