Aktuelles

Lohnfortzahlung – AU nach arbeitgeberseitiger Kündigung

Wirtschaftsrecht

Der Beweiswert einer AU-Bescheinigung kann grundsätzlich auch dadurch erschüttert werden, dass der Arbeitnehmer sich im Falle des Erhalts einer arbeitgeberseitigen Kündigung unmittelbar zeitlich nachfolgend – „postwendend“ – krankmeldet bzw. eine AU-Bescheinigung einreicht.

Das gilt insbesondere dann, wenn lückenlos der gesamte Zeitraum der Kündigungsfrist – auch durch mehrere AU-Bescheinigungen – abgedeckt wird.

Meldet sich zunächst der Arbeitnehmer krank und erhält erst dann eine arbeitgeberseitige Kündigung, fehlt es an dem für die Erschütterung des Beweiswertes der AU-Bescheinigung notwendigen Kausalzusammenhang.

Allein die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer bis zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig krankgeschrieben ist, am unmittelbar darauffolgenden Tag gesundet und bei einem anderen Arbeitgeber zu arbeiten beginnt, erschüttert in der Regel ohne Hinzutreten weiterer Umstände den Beweiswert von AU-Bescheinigungen nicht.

Gelingt es dem Arbeitgeber, den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern, ist es Sache des Arbeitnehmers, konkrete Tatsachen darzulegen und im Bestreitensfall Beweise vorzulegen, die den Schluss auf eine bestehende Erkrankung zulassen. Hierzu ist substantiierter Vortrag z. B. dazu erforderlich, welche Krankheiten vorgelegen haben, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben und welche Verhaltensmaßregeln oder Medikamente ärztlich verordnet wurden.

Für eine evtl. rechtmäßige Einstellung der Lohnfortzahlung ist also auch die zeitliche Abfolge zu beachten.

Anmerkung: Die Revision beim Bundesarbeitsgericht wurde zugelassen.
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Leiharbeit – geringere Entlohnung möglich

Wirtschaftsrecht

Von dem Grundsatz, dass Leiharbeitnehmer für die Dauer einer Überlassung Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt wie vergleichbare Stammarbeitnehmer des Entleihers haben („equal pay“), kann ein Tarifvertrag „nach unten“ mit der Folge abweichen, dass der Verleiher dem Leiharbeitnehmer nur die niedrigere tarifliche Vergütung zahlen muss.

Eine solche Schlechterstellung lässt eine europäische Richtlinie ausdrücklich zu, sofern dies unter „Achtung des Gesamtschutzes der Leiharbeitnehmer“ erfolgt. Dazu müssen nach der Vorgabe des Europäischen Gerichtshofs Ausgleichsvorteile eine Neutralisierung der Ungleichbehandlung ermöglichen. Ein möglicher Ausgleichsvorteil kann sowohl bei unbefristeten als auch befristeten Leiharbeitsverhältnissen die Fortzahlung des Entgelts auch in verleihfreien Zeiten sein. So sieht in Deutschland der für Leiharbeiter gültige Tarifvertrag als auch das Gesetz eine Lohnfortzahlung in verleihfreien Zeiten vor.

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz stellt für den Bereich der Leiharbeit zwingend sicher, dass Verleiher das Wirtschafts- und Betriebsrisiko für verleihfreie Zeiten uneingeschränkt tragen müssen.
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Beitragsanpassung in der Pflegeversicherung

Arbeitsrecht

Ab dem 1.7.2023 gelten neue Beitragssätze in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Der allgemeine Beitragssatz wird erhöht. Der Pflegebeitrag liegt aktuell bei 3,05 % des Bruttolohns, für Menschen ohne Kinder bei 3,4 %. Die Beitragserhöhung betrifft sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber. Der Arbeitgeberanteil steigt dabei von 1,525 % auf 1,7 %. Für kinderlose Versicherte ab dem 23. Lebensjahr wird der zusätzliche Beitragszuschlag von 0,35 % auf 0,60 % erhöht, wodurch sie ab dem 1.7.2023 einen erhöhten Beitragssatz von insgesamt 2,3 % von ihrem Bruttolohn zahlen müssen.

Eine weitere Änderung betrifft die Berücksichtigung der Kinderzahl beim Pflegebeitrag. Künftig sind gestaffelte Beiträge vorgesehen, sodass Eltern einen prozentualen Beitragssatz in Abhängigkeit von der Anzahl ihrer Kinder zahlen. Die neue Staffelung sieht folgendermaßen aus:
Mitglieder ohne Kinder 4,00 % (AN-Anteil: 2,3 %)
Mitglieder mit 1 Kind 3,40 % (lebenslang) (AN-Anteil: 1,7 %)
Mitglieder mit 2 Kindern 3,15 % (AN-Anteil: 1,45 %)
Mitglieder mit 3 Kindern 2,90 % (AN-Anteil: 1,2 %)
Mitglieder mit 4 Kindern 2,65 % (AN-Anteil: 0,95 %)
Mitglieder mit 5 und mehr Kindern 2,40 % (AN-Anteil: 0,7 %)

Diese Staffelung gilt jedoch nur, solange das jeweilige Kind das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Sobald alle Kinder ab dem zweiten Kind das 25. Lebensjahr vollendet haben, erhöht sich der Beitragssatz zur Pflegeversicherung wieder auf 3,4 %.

Um von diesen Entlastungen profitieren zu können, müssen Arbeitgeber die Elterneigenschaft bzw. die Anzahl der Kinder gegenüber den beitragserhebenden Stellen nachweisen. Für vor dem 1.7.2023 geborene Kinder können Nachweise bis zum 31.12.2023 erbracht werden. Die neuen Beitragssätze gelten dann rückwirkend ab dem 1.7.2023. Eltern, deren Kinder ab dem 1.7.2023 geboren werden, haben eine Vorlagefrist von maximal drei Monaten ab der Geburt zu beachten.
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Kein Unfallschutz bei einem Firmenlauf

Sozialrecht

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) hat in seinem Urteil v. 21.3.2023 entschieden, dass eine Arbeitnehmerin nicht als Beschäftigte unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, wenn sie bei einem sog. Firmenlauf stürzt und sich dabei verletzt.

Dieser Sachverhalt lag den LSG-Richtern zur Entscheidung vor: Eine Arbeitnehmerin nahm im Mai 2019 als Inlineskaterin gemeinsam mit anderen Mitarbeitenden ihres Unternehmens an einem Firmenlauf teil. Bei dem Firmenlauf handelte es sich um eine von einem Berliner Sportverein organisierte Veranstaltung. Die Frau kam nach dem Start auf der Skaterstrecke auf nassem Untergrund ins Rutschen, stürzte und brach sich das rechte Handgelenk. Die Unfallkasse lehnte es ab, diesen Vorfall als Arbeitsunfall anzuerkennen.

In ihrer Begründung führten die Richter aus, dass zum einen kein Betriebssport vorlag, der eine gewisse Regelmäßigkeit und das Ziel gesundheitlichen Ausgleichs voraussetzt. Der Firmenlauf finde nur einmal jährlich statt und habe, auch wenn es sich um keinen Hochleistungssport handele, den Charakter eines Wettstreits. Zum anderen habe es sich bei dem Firmenlauf auch nicht um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt. Der Firmenlauf stand als Großveranstaltung mit anschließender Party vielen anderen Unternehmen und Einzelbewerbern offen und hatte daher eher den Charakter eines Volksfestes.
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Marder im Dachstuhl bei Hausverkauf?

Mietrecht

Beim Verkauf eines Hauses schließen die Parteien häufig eine Haftung des Verkäufers für Mängel aus. So steht es in den meisten Kaufverträgen. Schließlich hat der Käufer das Objekt meist auch ganz genau angesehen. Nicht ausschließen darf man allerdings nach dem Gesetz solche Mängel, die der Verkäufer arglistig verschwiegen hat. Ob ein solches arglistiges Verschweigen vorliegt, wird häufig gerichtlich geklärt.

So hatte das Oberlandesgericht Oldenburg in einem Fall zu entscheiden, in dem eine Käuferin sechs Monate nach dem Kauf das Haus renovierte und dabei Schäden an der Wärmedämmung am Dach feststellte, die auf Marderbefall schließen ließen. Sie legte ein Gutachten vor, aus dem sich ergab, dass in der Vergangenheit mehrere Marder auf dem Dachboden gelebt hatten, was zu erheblicher Geräuschentwicklung und Kotansammlung sowie Schäden in der Dämmung geführt hatte. Sie verlangte von dem Verkäufer Schadensersatz. Der Verkäufer wies eine Haftung zurück, da ihm von einem Marderbefall nichts bekannt war.

Das Oberlandesgericht Oldenburg entschied, dass hier eine Haftung des Verkäufers nicht bestand. Die Käuferin konnte nicht beweisen, dass der Verkäufer einen akuten Marderbefall arglistig verschwiegen hatte.
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Erlöschen einer Erbengemeinschaft unumkehrbar

Erbrecht

Das Oberlandesgericht München (OLG) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Erbengemeinschaft wieder aufleben oder neu begründet werden kann, wenn alle Erbteile auf einen Miterben übertragen wurden.

Die OLG-Richter entschieden, dass eine Miterbengemeinschaft bei Anteilserwerb durch einen Miterben beendet ist, sodass bei einer Übertragung aller Erbteile auf eine Person die Erbengemeinschaft erlischt. Es steht dann nicht mehr in der Macht der Erben, die Gesamthandsgemeinschaft vertraglich durch Rückübertragung der auseinandergesetzten Gegenstände wieder zu begründen, auch nicht durch Ausübung eines vereinbarten Rechts zum Rücktritt vom Auseinandersetzungsvertrag.

Auch bei Nichtigkeit der zugrundeliegenden Vereinbarung kann eine durch wirksame Übertragung aller Erbanteile auf einen Miterben aufgelöste Erbengemeinschaft nicht im Wege einer Rückabwicklung wiederhergestellt werden. Die wirksam beendete Erbengemeinschaft kann nicht wiederaufleben oder neu begründet werden, auch nicht zum Zwecke der Rückabwicklung gescheiterter fehlgeschlagener Geschäfte oder Verpflichtungen.
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